Zwischen Himmel und Meer … Ancona

Hafen Acona

Die Stazione in Spinetoli-Colli finde ich ganz leicht. Als gelernte Österreicherin bin ich natürlich super pünktlich am Bahnhof, also 15 Minuten vor Abfahrt des Zuges. Heute will ich in die Hauptstadt der Marken, nach Ancona. Ich habe eine große Vorliebe für Hafenstädte und freue mich deshalb schon riesig darauf.

Am Bahnhof angekommen stelle ich sofort fest, dass der eingleisige(!) Bahnhof völlig verlassen ist. Das bedeutet im Klartext: Es gibt weder Ticketschalter noch Automaten, wo man die Biglietti kaufen kann. In einer großen Schautafel hängen zwar jede Menge Informationen aus (unter anderem jene, die besagt, dass Schwarzfahren mit hohen Geldstrafen belegt wird), aber wo ich mir jetzt eine Fahrkarte kaufen kann, finde ich nicht heraus.

Zum Glück spreche ich fließend Italienisch und frage eine Frau, die offensichtlich auf denselben Zug wartet, wie ich zu einem Biglietto käme. Sie erklärt mir, dass in der Vitrine ein Zettel hängen müsste, auf dem alle Verkaufsstellen in der Umgebung aufgelistet sind. Die Vitrine finde ich, besagten Zettel nicht.

Die nette Dame hilft mir suchen – und gemeinsam werden wir fündig. Zwischen  all den A3 und A4 Plakaten hängt ein minifuzikleines Papier mit den gewünschten Informationen – so klein, dass weder sie noch ich es mit freiem Auge lesen können.

Zum Glück leben wir in Zeiten des Handys. Also mache ich ein Foto und vergrößere es, um festzustellen, dass die Tickets in den Bar-Tabacchi dieser Gemeinde verkauft werden. Da ich den Ort noch nicht kenne, weiß ich natürlich auch nicht, welcher der nächstgelegene Tabakladen ist. Also begebe ich mich auf die Suche und finde mich damit ab, diesen Zug zu versäumen. In einer Stunde geht der nächste, den krieg ich.

Was soll´s – ich bin ja auf Urlaub und nicht auf der Flucht.

Dank meinem Navi, das ich mir extra für diese Reise gekauft habe, ist ein entsprechendes Café mit integrierter Tabaktrafik rasch gefunden. Ich kaufe das Ticket und lege gleich noch eine Frühstückspause ein. Nach einem starken Espresso und einem frischen, knusprigen Cornetto geht´s wieder zurück zur Stazione.

Jetzt kommt ein Tipp: Es ist wichtig zu wissen, dass man die Biglietti, die aussehen wie ein Kassenbon mit QR-Code, am Bahnsteig in den entsprechenden Automaten abstempeln muss. Die Tickets sind nur für einen bestimmten Zeitraum gültig (in meinem Fall für 4 Stunden, innerhalb derer ich in Ancona angekommen sein muss), wofür dieser Datum- und Uhrzeitstempel notwendig ist. Sonst gibt es eine Strafe in Höhe von 73 Euro, worüber mich ein gut leserlicher A4 Zettel im berühmten Schaukasten informiert.

Zum zweiten Mal an diesem Morgen frage ich mich: Wie kommen eigentlich Touristen zurecht, die der italienischen Sprache nicht mächtig sind? Jeder Ausländer, der die Gewohnheiten von „Trenitalia“, dem Betreiber der italienischen Eisenbahn, nicht kennt, läuft automatisch Gefahr, Bußgeld zu zahlen.

Da ich viel Zeit habe, während ich auf den nächsten Zug warte, lese ich die Informationstafel von oben bis unten durch. Da hängt unter anderem ein interessantes Schreiben (selbstverständlich nur auf Italienisch), dass es jetzt viel leichter geworden ist, zu reisen, weil man die  Zugtickets jetzt in vielen Tabaccherie und Online bekommt. Auf die Idee, sie im Zug zu verkaufen, wie es beispielsweise in Österreich bei der Westbahn Standard ist, sind sie bisher noch nicht gekommen.

Als Draufgabe gibt es jetzt noch eine Durchsage aus dem Lautsprecher – so schlecht eingestellt, dass man kein einziges Wort versteht. Ich nehme an, der Zug wird angekündigt. Es klingt aber, als ob gerade der 3. Weltkrieg ausgerufen wird.

Ich bin froh, den eingleisigen Provinzbahnhof endlich verlassen zu können und positiv überrascht von dem, was jetzt kommt. Ein moderner, sehr geräumiger Zug, gut gekühlt, weil mit funktionierender Aircondition ausgestattet. Nur WLAN – das in Italien übrigens WiFi heißt – gibt es leider nicht. Hier kann ich die Fahrt von eineinhalb Stunden gut aushalten. Ja sogar genießen, denn die Strecke ist wunderschön und verläuft fast ausschließlich „Lungomare“, also entlang der Küste.

Angekommen in Ancona schnalle ich mir die „Laufschuhe“ an und los geht´s zur Erkundung der 100.000 Einwohner großen Stadt an der italienischen Adriaküste.

Ancona, das ist eine Mischung aus stimmungsvollen An- und Aussichten und Kultur, gepaart mit dem Duft des Meeres. Im Hafen herrscht geschäftiges Treiben. Dort beginne ich meine Tour mit dem Besuch der Mole Vanvitelliana im Porto Antico, dem antiken Teil des Hafens.

Mole Vanvitelliana im Porto Antico

Von diesem faszinierenden Gebäude geht es weiter in das Stadtzentrum, wo ich von schicken Boutiquen und netten Cafés in der gepflegten Fußgängerzone überrascht werde, die sich über mehrere Straßen erstreckt und auf der Piazza Cavour endet, wo man unter den gestrengen Augen des Herrn Camillo Benso di Cavour gemütlich unter Palmen auf einer Bank ein Päuschen einlegen kann.

Camillo Benso di Cavour

Mein nächstes Ziel ist der Dom. Leicht zu finden, denn er liegt auf einem Hügel. Dachte ich. Vom Zentrum aus ist der Hügel allerdings nicht zu erkennen. Und ich sehe nicht ein einzigen Hinweisschild, das zur Kathedrale führt. Also halte ich mich einfach immer nur bergauf und hoffe, irgendwann auf die schöne Kathedrale zu treffen.

Und siehe da: Überraschung, Überraschung – plötzlich ist er da!

Blick vom Hügel auf den Dom Ancona

Allerdings weit unter mir und … auf einem andern Hügel, als ich es bin. Ich bin zu hoch hinaufgekraxelt und muss jetzt einen Weg finden, wie ich da hinüberkomme.

Offensichtlich habe ich bei San Francesco den falschen Treppenaufgang gewählt.

San Francesco

Was soll´s. Meiner Figur schaden ein paar Schritte mehr definitiv nicht. Außerdem lerne ich unterwegs nette Leute aus der Toskana kennen (auch auf der Suche nach dem Dom) und kann einige fantastische Fotos von einer sensationellen Bucht und vom antiken Friedhof schießen.

Antiker Friedhof Ancona

Bevor ich von einem Hügel auf den anderen wandere, setzte ich mich auf diesen Sessel, der hier extra für mich installiert wurde, damit ich diese herrliche Aussicht genießen kann. Ich könnte stundenlang hier sitzen! Mein absoluter Lieblingsort.

Hafen Ancona

Trotzdem marschiere ich weiter, vorbei am Anfiteatro Romano und den antiken Thermen bis zur Kathedrale San Ciriaco, die auf dem Gipfel thront.

Tipp: Endlich angekommen stelle ich fest, dass man mit dem Auto direkt vor die Eingangstüre fahren und 1,5 Stunden gratis parken kann.

Kathedrale San Ciriaco

Zurück in der Altstadt belohne ich mich in einem Lokal auf der Piazza Plebiscito, dem „Salon der Stadt“, mit einem späten Mittagessen. Normalerweise sind die Restaurants nur bis maximal 15.00 Uhr geöffnet und dann erst wieder ab ca. 19.00 Uhr. Ich habe Glück und finde eine Enoteca, die neben Ölen und Weinen auch hervorragende Köstlichkeiten wie gegrilltes Gemüse, Schinken, Büffelmozzarella, usw. verkauft.

Piazza Plebiscito

Was macht den Charme dieser Hafenstadt aus?

Die Mischung aus Antike und Moderne, aus Arm und Reich, aus Sakralem und Profanem, aus Kultur und Kommerz. Es gibt viele schmale Gassen – kaum kommt man um eine Ecke steht man vor einer schönen Fassade, einer schönen Kirche, einem antiken Gemäuer oder einem tollen Platz. Und wenn man sich die Mühe macht, die Treppen, die sich einem immer wieder bieten, hinaufzusteigen, wird man mit herrlichen Ausblicken auf das lebendige Treiben im Hafen, in dem die Fähren nach Griechenland ablegen und ankommen, und auf das tiefblaue Meer belohnt.

6 Stunden, 22.000 Schritte, 15 Kilometer und gefühlte 2000 Höhenmeter später sitze ich wieder im Zug auf dem Rückweg nach San Benedetto del Tronto und weiter zu meinem kleinen Provinzbahnhof. Es gibt noch immer kein WLan, aber die Aircondition funktioniert. Ich bin rechtschaffen müde. Und glücklich. Es war ein wunderbarer Tag!

 

Noch zwei Tipps:

Museo Omero: Kunst zum Anfassen. Nicht nur Blinde und Sehbehinderte können hier die ausgestellten Kopien berühmter Skulpturen von der Prähistorie bis zur Gegenwart im wahrsten Sinne des Wortes begreifen. Absolut empfehlenswert!
https://www.museoomero.it/

 

Die Mole Vanvittelliana war einst Lazarett für Seefahrer, die hier in Quarantäne kamen und gesund gepflegt wurden. Die Struktur bietet heute eine rege Kulturszene mit Ausstellungen und Aufführungen. Aktuelle Informationen gibt es auf dieser Website
https://www.lamoleancona.it/

 

…und ein PS: Natürlich kann man auch in Italien Zugtickets online kaufen.

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